Ich lese auf vielen Seiten und Blogs
bindungs- und bedürfnisorientierter Familien. Und ich lese dann in
diesem Zusammenhang auch oft darüber, dass Kinder aus
bindungsorientierten Familien kindergartenfrei oder schulfrei
aufwachsen.
Auch wir begleiten unsere Kinder orientiert an den
Bedürfnissen aller Familienmitglieder, sie wachsen mit einer starken
Bindung zu uns als Elternpaar und zu ihren Geschwistern auf - einfach
weil ich als Mama immer zuhause bin, weil ich Zuhause arbeite, weil
die beiden Kleinen kitafrei sind und wir auch sonst in der Freizeit
und am Wochenende immer als Familie zusammen sind. Mein Mann und ich
sind uns nach Erfahrungen mit unserem Großen darüber einig: Zeit
vergeht viel zu schnell und die Kindheit unseres Nachwuchses wollen
wir möglichst nah mit erleben.
Was wir
aber auch sehen ist, dass in Beziehung zu gehen auch bedeuten kann,
sich mit Gleichaltrigen zu umgeben.
Wir sehen, wie Beziehungen wachsen. Wie
Verbindungen wachsen können...
... indem die Kinder Konflikte
miteinander austragen. Sie entwickeln gemeinsam Strategien,
miteinander zurecht zu kommen – durch ganz natürlich emotionale
Grenzsetzungen des Gegenübers.
... indem die Kinder sich einfach
gegenüber sitzen und sich beobachten. Sich Mimik und Gestik des
anderen Kindes im wahrsten Sinne zu Gemüte führen. Das Speichern
von unterschiedlichsten und vielfältigsten Gesichtsausdrücken ist
eine der großen Aufgaben des Gehirns in dieser Lebensphase.
...
indem sie sich einer Gruppe zugehörig fühlen, durch ritualisierte
Abläufe, die wir gemeinsam einläuten. Durch gemeinsames Essen oder
Singkreise als Gemeinschaftsaktivität. Dort zeigt sich schon, wer
gerne neben wem sitzt.
... indem sie Emotionen ausleben und auch Gefühle anderer miterleben. Das Benennen und begleiten, das Aushalten der emotionalen Ausbrüche ist von großer Bedeutung.
... indem sie vergleichbare Vorhaben nebeneinander ausleben (zB. Nebeneinander mit der geichen Art von Spielzeug spielen, sich dabei beobachten, nachahmen).
... indem die Kinder daraufhin beginnen, gleiche Interessen zu haben und sich daraus Rollenspiele entwickeln.
... indem das eine Kind in das andere
Kind ein Vertrauen aufbaut, gewachsen aus dem Urvertrauen bisheriger
Bindungen zu Familie und Betreuungsperson.
Was wir aus oben genannten Sachverhalten also deutlich heraus lesen:
Beobachtung und Imitation sind Antrieb für eine beginnende und fröhliche Achterbahnfahrt junger Freundschaften im Kleinkindalter
Nennenswert hierbei ist das eigene Vorleben von Freundschaft. Ebenso wie die Erläuterung und das Benennen dieser zarten Pflanze namens "Freundschaft". Das Anbahnen einer Beziehung zwischen zweier Kinder sollte durch die Erwachsenen behutsam und vor allem vorurteilfrei begleitet werden, ohne seine eigenen Vorstellungen aufzudrängen. Mit Blick auf die Bedürfnisse aller.
Dann können gleichwertige, gleichaltrige Beziehungen; dann kann Freundschaft wachsen.
Familie 2.0! Vermutlich haben in der Tat einige Mitbesucher des Osteemuseums geglaubt, wir hätten vier Kinder, darunter ein Zwillingspärchen. Beim genaueren Hinschauen und Hinhören wäre dem einen oder anderen am Ende aber sicher doch deutliche Unterschiede bei den vermeintlichen Zwillis aufgefallen. Denn die beiden Freunde sind so unterschiedlich, wie es gleichaltrige Menschlein nur sein können - wie heißt es so schön? Wie Tag und Nacht? Feuer und Eis? Mir gefällt eher sowas wie „Topf und Deckel“. Denn die zwei alten Freunde ergänzen sich unfassbar gut. Während der eine noch nachdenklich von Außen beobachtet, prescht der andere voller Elan mitten ins Geschehen. Den Wildfang zieht es dann oft (daraufhin meist ebenso nachdenklich) zurück zu seinem Freund. Gemeinsam besprechen sie sich, wägen Gefahren oder Bedenken ab und am Ende gehen beide verändert aus dieser Begegnung hervor: der eine mit mehr Vertrauen in sich selbst und der andere mit etwas mehr Vor- und Umsicht. Sich gemeinsam entgegen zu gehen, das ist es doch, was Freundschaft ausmacht?