Von Außen betrachtet scheinen die Kleinsten ganz und gar prädestiniert dafür zu sein, eine Verkleidungsfeier steigen zu lassen. Sie schlüpfen gern in unterschiedlichste Rollen und verarbeiten ihren erlebten Alltag oder spezielle Interessen im Rollenspiel. Dazu gehört oft, sich dementsprechend zu (ver)kleiden, Mimik und Gestik anzupassen und seine Stimme zu verstellen. In etwa ab dem zweiten Lebensjahr, sobald sich das Einfühlungsvermögen in sein Gegenüber entwickelt, beginnen die Kinder mit dieser Art von Spiel.
Doch reicht da nicht die einfache Verkleidungskiste im Alltag aus?
Oder einfach die Fantasie der Kinder? Muss dazu ein trubeliges, lautes Fest gefeiert werden mit eventuell durch die Eltern vorgegebenen Verkleidungen?
Bevor ich auf darauf eingehe, welche positive Rolle eine solche Feier außer der Reihe des festen Alltags haben kann, hier ein paar Tipps für ein entspanntes Fest in Kindertagespflege und Krippe (also vorranig für Unterdreijährige).
Tipps für ein entspanntes Fest in Kindertagespflege und Krippe
Kein Motto vorgeben! Das schränkt die Fantasie der Kleinsten erstens ungemein ein. Zweitens beginnt die Phase der Rollenspiele in dem zarten Alter gerade erst, sodass die durch das Kind (!) bestimmte Wahl eines Kostüms vermutlich nicht viel Spielraum lässt für vorgegebene Mottos.
Kein Verkleidungszwang | Keine Schminke
Gewohnte Rituale sollten möglichst beibehalten werden, insbesondere zur morgendlichen Bringzeit! Kinder mögen Verlässlichkeiten. Es gibt ihnen Sicherheit, wenn sie einen (einigermaßen) vorhersehbaren Alltag erleben, weil sie dann wissen und verinnerlicht haben, was sie (im Groben) über den Tag erwartet. Insbesondere bei großen Übergängen im Alltag kann diese ritualisierte Verlässlichkeit für alle Beteiligten eine große Stütze sein. Im Rahmen des Betreuungsalltags kann die Betreuungsperson dann immer noch behutsam die Tagesgestaltung flexibel anpassen - in diesem Fall an die anstehende Feierlichkeit einer Verkleidungsparty.
Die Besonderheit des Tages kann durch (ein wenig) Dekoration und ein durch die Eltern mitgebrachtes Buffet hervorgehoben werden. Dies befriedigt auch das Bedürfnis (der Kinder und auch der Eltern!) nach Selbstbestimmung und Teilhabe. Meiner Erfahrung nach lieben es die Kinder, morgens etwas mit in die Tagespflege zu tragen / zu bringen!
Zusätzlich kann natürlich gern (ein wenig mehr) gesungen und getanzt werden (als sonst).
Wer mag rundet den Tag mit einer kreativen Idee zum Thema „Verkleidung / Farbenfreude“ ab.
Tipps zur Verkleidung liest du im kommenden Post auf meiner Instagram Seite @beziehungsvollbetreut
Für (hoch)sensible Kinder kann so ein Fest außerhalb der sonstigen Alltagsroutine ein Grund dafür sein, aus der Bahn geworfen zu werden.
Oft erlebe ich so ein „vom Weg abkommen“ schon, wenn zart besaitete Kinder morgens nur eine leicht veränderte Situation vorfinden. Dann heißt es, verbal und nonverbal, mit viel Nähe zu begleiten und zu erklären, aktiv zuzuhören, was jetzt gebraucht wird. Keiner sagt, dass alles stets gleich und angepasst ablaufen muss! Auch sensible Kinder entwickeln kognitive Fähigkeiten, sich und ihre Vorstellungen an neuartige Situationen zu adaptieren. Das sollte dennoch seitens Eltern und Betreuungsperson - wie oben beschrieben - behutsam begleitet werden.
Eine durch Dekoration und Partymusik veränderte Situation am Morgen kann besonders feinfühlige Kinder überfordern. Dementsprechend bitte ich hier einfach um Obacht und Achtsamkeit. So muss keines der Kinder extra zuhause bleiben, bloß weil ein Fest in der KiTa ansteht.
WARUM feiere ich nun also doch einen KleinkinderKarneval?
Verkleidet sich Dein Kind im Allgemeinen gerne? Verkleidet es sich überhaupt? Schlüpft es gern in unterschiedliche Rollen? Mimt es im Spiel die Feuerwehrfrau, den Löwen oder den (Puppen)Papa? Kocht es gerne in der Kinderküche und serviert Dir oder seinen Spielkameraden kreative Speisen? Manche Kinder verarzten auch unfassbar gerne ihre Spiegefährten und sausen dabei im imaginären RTW zur Unfallstelle.
Solche sogenannten Rollenspiele stehen bei den Kindern während des Freispiels gerade ganz hoch im Kurs. Rollenspiele sind ein wesentlicher Bestandteil der Verarbeitung des erlebten Alltags: der Kinderarztbesuch, der Krankenwageneinsatz an der Straßenecke von Oma neulich, das Zubereiten von Speisen im häuslichen Familienalltag. Sie regen aber ebenso die Fantasie der Kinder an – weit hinaus über das real Mögliche schlüpfen Kinder in geradezu abenteuerliche Berufsrollen fantastische Wesen oder gefährliche Tiere hinein.
Abenteuerliche oder bekannte Berufe wählen Kinder allzugern, da sie zum Spektrum ihres alltäglichen Erlebens oder Interesses gehören: Die Softroller sind hier zB. Feuerwehrautos, RTWs oder Müllabfuhren, die Seile sind Schläuche und mit dem passenden Helmen, dem Arztkittel geht es mit "Alaaarm in den Einsatz" oder mit Gerumpel zur Mülldeponie.
Dank unserer Anziehpuppe Antonia und dem Baby Krümel ahmen die Kinder die alltägliche Grundversorgung, die sie durch die lieben Erwachsenen um sie herum an sich selbst erfahren, aktiv nach.
In unserer Kinderküche wird gerne gekocht, gebacken, telefoniert, Kaffee gekocht und der Allzwecktisch der Gruppe wird eingedeckt.
Rollenspiele sind für Kinder außerdem ein spielerischer Weg, Sprache und Fähigkeiten auszubilden, indem sie Erlebtes oder Gesehenes im Rollenspiel verbal wiedergeben. Und dies auch immer und immer wieder. Es scheint ihnen also ein wichtiges Anliegen zu sein, sich über das Schlüpfen in eine Rolle wieder und wieder mitzuteilen.
Das Schlüpfen in verschiedene Rollen ist ein wichtiger Bestandteil in der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, ebenso wie für das Hineinfühlen in andere Personen. Bevor man Dinge nicht selbst erfahren hat.
Im Fazit: So ein besonderes Erlebnis eines Verkleidungsfestes kann schön sein, WENN (...)
...auf alle Bedürfnisse nach Nähe und Verlässlichkeit eingegangen wird - hier gilt definitiv: weniger ist mehr! Lieber einen Gang zurückschalten, die Musik ein wenig leiser drehen, dafür etwas mehr singen, ausgelassen lachen und hüpfen, Kostüme anschauen, bewundern und besprechen - in Beziehung und auf Augenhöhe voller Wertschätzung.
Der Bedeutung des Rollenspiels für Kleinkinder kann demnach ruhig eine besondere Beachtung zu Teil werden – mittels einer Fete. Dann hat das Kind auch die Mögichkeit, seine häuslichen Interessen, seinen Traumberuf, sein Lieblingstier oder andere Vorlieben im Rollenspie mit in die Betreuung zu tragen und sich zu zeigen. Als Erwachsener dann aber bitte nicht murren, wenn diese Verkleidung nach 10 Minuten doch lieber wieder abgelegt werden will.
Viel Spaß beim Feiern!