Die FAMILIENNÄHE
ist für mich der gravierendste Unterschied zwischen Krippe und
Kindertagespflege.
Jetzt werden einige sagen: „Ja
logisch, eine Einrichtung ist ja nunmal auch keine Familie und die
Tagesmutter arbeitet (meist) von Zuhause aus (oft mit ihrer eigenen
Familie um sich herum).“
Ja! Aber das alleine meine ich
nicht mit FAMILIENNAH.
Dass die leiblichen Kinder mit betreut
werden - dass mal der große „Tagesbruder“ mit Zuhause ist - also
eine außergewöhnliche Altersmischung vorherrschen kann, dass
Geschwisterchen der leiblichen Kinder in die Tagespflege
hineingeboren werden, dass die Uroma plötzlich während einer
Eingewöhnung zum Smalltalk vorbei kommt- JA!
All das, was in
einer gewöhnlichen Familie eben auch so passiert - das Leben - kann
passieren (und die Tagesmutter managed all das und somit Familie und
Beruf gleichzeitig - als Selbstständige.)
{Die o.g. Beispiele sind hier real so
oder sind so gewesen}
FAMILIENNAH könnte auch bedeuten, dass die
Alltagsstruktur bei einer Tagesmutter dem in einer Familie sehr nahe
kommt. Auch hier ganz klar: JA! Ich bin frei und flexibel. Ich bin
mein eigener Chef und kann jederzeit so handeln und etwas ändern, um
meine Arbeitsbedingungen und die Rahmenbedingungen zu optimieren .
Ich kann jederzeit flexibel den Tagesablauf ändern, dass wir uns
alle damit wohl fühlen. Die Kinder können schlafen, wenn sie müde
sind, werden jederzeit getröstet, wenn sie traurig sind, können
essen, wenn sie hungrig sind und trinken erst recht, wenn sie durstig
sind, werden gewickelt, wenn es nötig ist - frei von festen Zeiten.
Die Kinder können rein und raus, wenn
ich in der Küche bin, sie können mir helfen, wenn ich die
Spülmaschine ausräume, sie sehen auch mal, wie ich die Krümel
wegsauge, wie ich den Handwerker oder den Postboten empfange, wie die
Nachbarin Kuchen vorbei bringt - all das beinhaltet das Erlangen von
Alltagskompetenzen und Wertevermittlung. Ganz von allein - durch die
FAMILIENNÄHE.
Aber auch das ist {für mich} nicht die eigentliche
Definition von FAMILIENNAHER BETREUUNG und damit nicht der
gravierendste Unterschied zur Krippe.
Googlet man "familiennah" so kommt man an den Tagesmüttern nicht vorbei: "Familiennah und gut betreut" heißt es in einem Dossier des bmfsj (Bundeministerium für Familie Senioren Frauen und Jugend). In einem dortigen Interview mit Frau Prof. Lieselotte Ahnert, in welchem sie über eine Studie berichtete, werde ich schließlich fündig in dem, was ich im Alltag direkt an der Basis erlebe und selbst (vor)lebe:
"[...] Kindertagespflege ist BINDUNGSBEZOGEN [...]".
Da kommen wir der Bedeutung einer familiennahen Betreuung also schon näher.
Frau Prof. Ahnert weiter: "Die Unterschiede liegen eindeutig im Bereich der Beziehungsgestaltung. [...] Die Beziehungsmuster eines Kleinkindes zur Tagesmutter bzw. Zum Tagesvater waren individueller ausgeprägt und auf die Bindungsbedingungen besser angepasst, als wir das aus unseren Krippenstudien kennen."
Doch heißt das im Umkehrschluss, dass Krippenerzieher im Grundsatz weniger ausgeprägte Bindungen zu ihren Kita-Kindern aufbauen? Ich denke Nein. Denn wie so oft steht und fällt die Beziehung zwischen Betreuungsperson und Kind und somit die Qualität der außerfamiliären Betreuung aller Art mit der pädagogischen Fachkraft und den Belastungen, denen diese ausgesetzt ist. Da liegt für mich auch in etwa der Casus Knacktus:
Wir Kindertagespflegepersonen haben durch unser familiäres, häusliches Umfeld und durch unsere Eigenverantwortung oft die Ruhe, einfach "Alles stehen und liegen zu lassen. In Momenten, die es notwendig machen, prompt auf Augenhöhe zu gehen und uns voll und ganz den Bedürfnissen der Kinder hin zu geben – hin zu schauen - hin zu spüren. Die Ohren, Augen und vor allem das Herz weit zu öffnen. Emotionen zuzulassen – da zu sein – wahrzunehmen.
Ich trage, tröste, trockne Tränen;
ich singe, scherze und nicht vergessen zu erwähnen: ich bin ich - authentisch nach Möglichkeit, mit Emotionen von Frohmut bis Traurigkeit.
Mein Tagesablauf ist flexibel - je nach Lust und Laune der Kinder - meine Vorbereitungen für den Tag dagegen recht penibel - damit die Kleinen spüren - ich bin da! Immer auf Augenhöhe und im entschleunigten Alltag - das ist es, was Kinder brauchen, das ist es, was ich mag.
Manches Mal wünschte ich mir, ich
könnte das Betreuungssystem reformieren. Doch ich weiß, dass es
viele Kollegen aus der Tagespflege genauso wie in den Krippen gibt,
die tragen, trösten, unermüdlich Tränen trocknen und träumen -
Hand in Hand mit den Kindern - auf Augenhöhe dieser kleinen
wundervollen Wesen!
Im Fazit: Die Möglichkeit, eine sichere Bindung zu seinen betreuten Kindern aufzubauen, erscheint mir aufgrund der Rahmenbedingungen als Tagesmutter deutlich leichter. Die meisten Tagesmütter gewöhnen ganz individuell und nicht nach einem bestimmten Modell, dass der Träger oder eine Leitung vorgibt.
Ebenso scheint es mir leichter, eine authentische Beziehung zu leben – zur gesamten Familie, weil wir ganz alleine die konzeptionelle Verantwortbarkeit der Familie gegenüber tragen und verlässliche, immer gleiche Ansprechpartnerin sind.
Auf die ganz unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder einzugehen erscheint mir aufgrund der Flexibilität im Alltag und der kleinen Gruppengröße ebenso simpler, als in einer Einrichtung festgelegtem Tagesablauf und schlechterem Personalschlüssel.
Doch egal ob Krippe oder Tagesmutter – Die Betreuungsperson und deren Haltung, deren Werte sind es, die eine Beziehung und Bindung wertvoll werden lassen!
Ich wünsche mir Akzeptanz
gegenüber den Mamas,
... die arbeiten und ihr Kind in die Krippe
bringen.
... die nicht arbeiten und ihr Kind zum Spielen und
Lernen bei einer Tagesmutter anmelden.
... die ihre Kinder in eine
Betreuung geben, weil sie selbst Pause als Mama brauchen.
... die
in Elternzeit bleiben, bis das Kind 3 Jahre alt ist.
... die ihre
Kinder bis zum Schuleintritt zuhause betreuen.
Ich wünsche mir Akzeptanz gegenüber den Betreuungspersonen,
... die die Arbeitverhältnisse in den Betreuungseinrichtungen kritisieren.
... die einfach nur ihren Job machen, und den gut, auch wenn sie nicht weiter teifrgündig drüber nachdenken.
... die auch mal über die Schattenseiten und die Anstrengung sprechen, die diese Berufung mit sich bringen.
... die es über alles lieben, mit
Kindern zu arbeiten und darauf auch kein Geheimnis machen.
Ich
wünsche mir AKZEPTANZ gegenüber einfach allen denkbaren Arten und
Weisen des Aufwachsens in Familie und dem Arbeiten in jeglicher Art
von Fremdbetreuung.