Dein Kind im Grundschulalter wünscht sich das zehnte Kuscheltier mit Kulleraugen, der Sohn mit zarten drei Jahren ein Lego-Feuerwehrauto oder Deine Einjährige will das quietschgelbe Plastikdings im Laden nicht mehr los lassen?
Um gelassen mit spontanen Wünschen oder auch im Erwachsenensinne unpassenden Wünschen nach Spielzeug umzugehen, mag ich Dir eingangs ein paar Tipps für den Umgang mit Spielzeug im Alltag geben:
Tipps und Tricks für den Umgang mit Spielmaterialien im Alltag
Das Spielzeug wandern zu lassen, ist eine gute Möglichkeit, wenn Du das Gefühl hast, dass Dein Kind vielleicht über- oder auch unterfordert vom Materialangebot sein könnte.
Du kannst das Material dann einfach rotieren lassen, indem du eine oder mehrere Arten von Zeug zum Spielen in Kisten / Kartons an einem anderen Ort (wie dem Dachboden, Keller, Schuppen oder einfach auf oder in dem Kleiderschrank) zurückhältst. So muss sich zunächst keiner von Euch endgültig davon trennen.
Dabei ist zu beachten: NICHT im Sinne von "Weniger ist mehr" einfach rigoros durchzufegen. Stattdessen ganz im Sinne von "Was macht mein Kind tatsächlich noch neugierig, was regt es zum Spielen an?" oder auch ganz einfach "Was wird regelmäßig, ausgiebig oder vielseitig bespielt?". Bei meinem kitafreien Sohn kann das zum Beispiel in seinem Zuhause deutlich mehr sein, da er eine viel größere Menge an Zeit zuhause verbringt. Bei sensiblen Kindern, die sich nach der Kita gerne in ihr Reich zurückziehen kann das ebenso viel Material sein, weil sie dieses vertiefte Spiel mit sich selbst nach einem trubeligen Tag im Kindergarten brauchen. Es kommt also weniger auf die Menge, sondern mehr auf den Wert und den Nutzen des Materials an.
Im Fazit ist es also eher im Sinne von:
"MEHR von den Materialien, die einen MEHRWERT haben!".
Mehr Zeug zum Spielen, das Sinn macht.
Das Zeug zum Spielen ist ganz klar das Arbeitsmaterial der Kindheit. So wie wir Erwachsenen uns mit Dingen umgeben, die wir schön finden, die uns dienlich oder nützlich sind oder die uns einfach unterhalten – genauso geht es den Kindern auch. Deshalb sollten die Spielmaterialien meiner Meinung nach in jedem Raum des Wohnbereichs der Familie zu finden sein. Bevor du jetzt mit dem Kopf schüttelst: Erinnere Dich daran, dass es kein klassisches Spielzeug sein muss / sollte. Kinder mögen die Ästhetik der alltäglichen Gegenstände (und auch das Entdecken von Schubladen und Schranktüren) ebenso wie Erwachsene. Aber auch wenn es sich um Gegenstände im Sinne von deklariertem Spielzeug handelt, haben diese in meinen Augen ein Recht auf Platzierung im gesamten Wohnraum, insbesondere in Gemeinschaftsräumen. Das macht es auch für Dich einfacher, den Haushalt zu erledigen – denn dann wird dein Kind in der Regel und im besten Fall von jedem Raum zu einer Beschäftigung aufgefordert (der Raum als "dritter Erzieher" / oder als "ergänzende Betreuungsperson").
Verantwortung übernehmen
Auch oder insbesondere bei diesem bedürfnisorientierten Umgang mit Zeug zum Spielen ist es notwendig, dass wir unsere elterliche / erwachsene Verantwortung wahrnehmen. Entsteht zum Beispiel der Eindruck, dass das Kind sich nicht entscheiden kann oder dass es gar nicht mehr wirklich spielt, unzufrieden ist - dann liegt es nahe, dass nicht das richtige Material oder zu viel im Sinne der Reizüberflutung vorhanden ist. Möglich ist aber auch, dass das Material anders angeboten oder angeordnet werden sollte. Je nach Alter könntest du als Erstes Dein Kind fragen, ob es eine Idee hat, was es stört. Was anders sein könnte. Wenn Du die zeitliche Kapazität hast, Dein Kind über ein paar Tage jeweils für eine Weile gezielt zu beobachten, dann findest Du den Störfaktor aber sicher schnell heraus.
Hierbei darfst Du natürlich nicht vergessen, dass es immens viele andere Faktoren im Umfeld und Entwicklung des Kindes geben kann, warum es gerade nicht spielt. Es könnte zum Beispiel momentan mehr Interesse an gemeinsamen alltäglichen Aktivitäten mit einer engen Bindungsperson haben oder es braucht mehr Ruhepausen. An dieser Stelle gehe ich aber von einem Kind aus, welches aktuell keine anderen emotionalen "Baustellen" hat und normal spielen wollen würde.
Was nun also länger nicht bespielt oder ausgeräumt (ausräumen und entdecken ist auch spielen und lernen) könnte also a) erstmal weggeräumt, b) an einen anderen Platz geräumt oder c) anders angeboten werden.
Nutzen vs. Selbstwirksamkeit
Bei dem (wie zb. eingangs beschriebenen) Wunsch nach Neuanschaffungen kannst Du als Elternteil versuchen, zu unterscheiden, ob es Deinem Kind darum geht, dass es das Spielzeug wirklich braucht und besitzen will, um es zu bespielen oder ob es ihm bei seinem Wunsch um das Bedürfnis der Selbstwirksamkeit, etwas entscheiden (hierbei ist es oft eine akute Kaufentscheidung) zu dürfen.
Es steht sozusagen im Kindermund ein "Ich wollte aber WAS haben!" einem "Ich brauche das Auto aber so dringend, weil..." gegenüber. Hörst du den Unterschied?
"Ich wollte aber WAS haben" kann auch bedeuten: "Ich möchte auch endlich mal entscheiden!" Unterschätze das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit hier bitte auf keinen Fall. Teil zu haben und mitbestimmen zu können sind so wichtige Erfahrungen für Dein Kind. Lasse Dein Kind, um dieses Bedürfnisfass zu füllen, im Alltag mehr eigene Entscheidungen treffen, bei denen es Dir leicht fällt, dein Kind entscheiden zu lassen (mehrere Zahnbürsten, Klamottenauswahl selbst treffen lassen, eine Auswahl an Rohkost oder Früchten bereit halten). Stelle Deinem Kind im Alltag öfter mal die Frage wie "Möchtest du lieber dies oder das?"
Dem gegenüber steht das "Ich brauche das Auto aber so dringend, weil..." - dem Bedürfnis nach Erweiterung seiner Spielwelt.
Mit etwas Übung und Erfahrung und einer gesunden Beziehung zum Kind spürt man das Bedürfnis, sich in seiner Spiel- und Fantasiewelt weiter zu verwirklichen bei einem Spielzeugwunsch recht deutlich heraus. An dieser Stelle würde ich einen Wunsch nach Material niemals einfach ablehnen sondern allenfalls gemeinsam abwägen.
Minimalistische Tipps
Spielzeug Rotation mit Familie und Freunden
Flohmarkt (meine Erfahrung: Kinder legen keinen Wert auf Neuwertigkeit, sondern nur darauf, ob es ihrem Spielvorhaben dienlich ist – make secondhand first choice)
Bücherei, insbesondere für Gesellschaftsspiele
Online Spielzeugkisten
bei großen Wünschen: vorher gemeinsam besprechen, was vielleicht gehen DÜRFTE, aber ohne Druck durch eine Erwartungshaltung auszuüben. Ganz neutral nachfragen und ein Nein akzeptieren.
Spielzeug zu spenden zum Erlebnis machen
ZEIT statt ZEUG
Aufmerksamkeit der Bezugsperson ist das wertvollste Spielmaterial: lachen, kitzeln, kuscheln, Grimassen schneiden, vorlesen, Geschichten erzählen, sich nachäffen, Kuckuck spielen, singen, tanzen (...)
Spiele OHNE ZEUG
verstecken
Fangen
Höhlen bauen
Tschutschu die Eisenbahn durch die Wohnung
Kniereiter / Fingerspiele
Pizzamassage
Bewegungskarten selbst mache (zb. Hüpfe wie ein Frosch, Mache fünf Hampelmänner)
Geschichte – jeder ergänzt einen weiteren Satz
Ich sehe was, was du nicht siehst
Ich packe meine Koffer
Hinterlasse mir sehr gerne einen Kommentar direkt hier oder unter dem Ankünigungspost auf Instagram @beziehungsvollbetreut ! Ich freue mich über Feedback, Kritik und den daraus resultierenden Meinungsaustausch.
Herzlichst, Deine Nadine